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Die Zellwand der Diatomee T. pseudonana enthält ein inneres organisches Netzwerk, das aus miteinander vernetzten Chitinfasern nebst weiteren organischen Bestandteilen besteht.
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Dies ist der Schale Kern
Kieselalgen, der Hauptbestandteil des Meeresphytoplanktons, besitzen Silikatschalen, die besonders interessante Beispiele für natürliche Hybridmaterialien darstellen und sich durch außergewöhnliche mechanische und optische Eigenschaften auszeichnen. Forscher der TU Dresden und des MPIs für chemische Physik fester Stoffe in Dresden konnten jetzt einen weiteren Bestandteil der Zellwände einer Kieselalge identifizieren: Sie fanden ein organisches Netzwerk aus miteinander vernetzten Chitinfasern.
Chitin ist eine lange Molekülkette aus Zuckerbausteinen, ein so genanntes Polysaccharid. Neben Cellulose ist es das verbreitetste Polysaccharid auf der Erde. Im Zusammenspiel mit Kalziumkarbonat (Kalk) und Proteinen bildet es unter anderem den "Panzer" von Insekten und Krebsen. Die regelmäßig strukturierten Silikatschalen der Kieselalgen sind besonders interessante Beispiele für natürliche Hybridmaterialien. Noch sind die Mechanismen der zu Grunde liegenden Biomineralisation nicht vollkommen verstanden, dennoch dienten die Silikatschalen schon häufig als Inspiration für die Synthese künstlicher Nanostrukturen.
"Bei der Biomineralisation solcher kalkbasierter Schalen und Strukturen spielt Chitin eine wichtige Rolle", erläutert Eike Brunner von der TUD. "Wir haben jetzt erstmals nachgewiesen, dass auch die silikatischen Zellwände der Kieselalge Thalassiosira pseudonana ein auf Chitin basierendes Netzwerk enthalten."
Die Forscher lösten die Silikatbestandteile von Kieselalgenschalen mit einer fluoridhaltigen Lösung auf. Die Überbleibsel erscheinen unter dem Rasterelektronenmikroskop als filigrane, netzartige Gerüstsubstanz. Dieses Netz gleicht der Form und Größe der Zellwand und besteht aus miteinander vernetzten Fasern mit einem durchschnittlichen Durchmesser von etwa 25 Nanometern. Spektroskopische Untersuchungen zeigten, dass diese Fasern Chitin sowie weitere, bisher unbekannte Biomoleküle enthalten.
"Unsere Ergebnisse lassen darauf schließen, dass die chitin-basierte netzwerkartige Struktur als Grundgerüst für die Silikatabscheidung dient, während weitere Biomoleküle diese aktiv beeinflussen", so Brunner. "Dieser Mechanismus wäre dann dem der Kalziumkarbonat-Biomineralisation analog. Zusätzlich könnten die Netzwerke im Innern der Zellwand eine mechanische Stabilisierungsfunktion haben."
Quelle: Brunner, E. et. al.: Chitin-basierte organische Netzwerke - ein integraler Bestandteil des Zellwandbiosilicates der Diatomee Thalassiosira pseudonana., In: Angew. Chem., DOI: 10.1002/ange.200905028, 2009.
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