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Henning Steinicke, UFZ
Vom Küstenregenwald Mata Atlantica in Brasilien sind teilweise nur noch sehr kleine Waldfragmente übrig geblieben. Ehemalige Waldflächen werden vor allem landwirtschaftlich genutzt.
Copyright: Henning Steinicke, UFZ
Christoph Knogge, UFZ
Küstenregenwald Mata Atlantica in Brasilien: Wie Forschungen zeigten, sinkt die Biomasse in Waldstücken überproportional um bis zu 40 Prozent im Vergleich zu einem unfragmentierten Tropenwald. Für eine möglichst hohe Kohlenspeicherung ist es also sinnvoll, zusammenhängende Waldflächen zu schützen.
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Zerschnittener Tropenwald bindet weniger CO2

Die Abholzung der tropischen Regenwälder könnte den Klimawandel noch stärker voran treiben als bislang gedacht. Denn die Gesamtbiomasse von Hainen, die nach einer Landschaftszerschneidung entstandenen sind, kann im Vergleich zu einem zusammenhängenden Wald gleicher Gesamtfläche um bis zu 40 Prozent geringer sein. Zu diesem Ergebnis kommen deutsche und brasilianische Forscher durch Modellrechnungen, denen die Daten aus dem größtenteils abgeholzten Küstentropenwald Mata Atlântica im brasilianischen Bundesstaat São Paulo zugrundeliegen.
Verändern sich Windverhältnisse und Strahlungsklima, so führt dies zu einem insgesamt veränderten Mikroklima für die Pflanzen an den Waldrändern. Dies sind Faktoren, denen besonders alte, große Bäume zum Opfer fallen, schreiben Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) und der Universität São Paulo. Mit Hilfe einer am UFZ entwickelten Waldsimulationssoftware modellierten die Forscher unterschiedlich große, nach Landschaftszerschneidung verbliebene Waldreste. Je kleiner ein Stück Wald ist, umso ungünstiger ist das Verhältnis zwischen Rand und Fläche. Dabei stellte sich heraus, dass ein naturbelassener Tropenwald zirka 250 Tonnen pro Hektar Biomasse besitzt, ein großes Fragment von 100 Hektar etwa 228 Tonnen Biomasse pro Hektar  - ein Hain von 1 Hektar Größe dagegen nur noch 140 Tonnen. Die Biomasse in den Waldresten in dieser Studie sank also auf 60 Prozent.

"Diese Erkenntnis hat große Bedeutung für die Beurteilung der Funktion der Tropenwälder als Biomassespeicher. Es ist wichtig, sich klar zu machen, dass man mehr als nur die Rodungsflächen verliert. Auch wird der übrig gebliebene Wald dabei ausgedünnt. Wir müssen anfangen, auch über die räumliche Konfiguration der verbleibenden Waldfläche nachzudenken", erläutert Jürgen Groeneveld vom UFZ die klimapolitische Bedeutung der Studie. Über den Biomasseertrag pro Hektar hinaus haben diese fragmentierungsbedingten räumlichen Effekte Auswirkungen auf Klimabilanz und Biodiversität.

Die Simulationsstudie integrierte qualitativ Ergebnisse anderer Wissenschaftler, die im Amazonas einzigartige Langzeitexperimente zur Landschaftszerschneidung durchführen. Noch sind allerdings viele Frage offen: Bleiben die Ränder stabil? Kann sich der Wald regenerieren oder setzt sich der Abbau nach innen fort? Die Forscher sehen die Zahlen daher als erste vorsichtige Schätzung. "Wenn es sich aber bestätigt, dann ist das ganz fundamental: Waldfragmente können nicht dasselbe leisten wie zusammenhängende Wälder", konstatiert Sandro Pütz. Die Forscher wollen daher in den nächsten Jahren die Langzeiteffekte untersuchen, um herauszufinden, wie sich die Reste der Tropenwälder langfristig entwickeln. Die Ergebnisse dieser Studie haben auch grundlegende Konsequenzen für den Schutz von Wäldern, zumindest hinsichtlich der Kohlenstoffbilanz: "Es ist auf alle Fälle besser im Sinne der Kohlenstoffspeicherung, 100 zusammenhängende Hektar zu schützen als einhundert mal je einen Hektar", stellt Groeneveld fest.

Die Daten für das Modell stammen aus dem tropischen Küstenregenwald im brasilianischen Bundesstaat São Paulo. In der schon im 19. Jahrhundert großflächig abgeholzten Mata Atlântica untersuchen brasilianische und deutsche Forscher seit 2003 die Langzeitauswirkungen von Landschaftszerschneidung auf einen Lebensraum, der sich einst flächendeckend über die gesamte Ostküste Brasiliens erstreckte. Heute handelt um einen der am meisten bedrohten tropischen Wälder.

Die neu gewonnenen Erkenntnisse sind auch von Bedeutung für die Verhandlungen auf der UN-Klimakonferenz in Kopenhagen. Dort wird ein Formalismus diskutiert, der die Wälder in den Klimaschutz einbeziehen soll. Denn Wald bindet Kohlendioxid - seine Abholzung oder seine Degradation führen zur zusätzlichen Freisetzung oder zukünftig geringeren Bindung von Kohlendioxid pro Flächeneinheit und verstärken so den Treibhauseffekt. Rund 20 Prozent der gesamten CO2-Belastung weltweit gehen auf die Vernichtung von Wald zurück.

Quelle: UFZ, T. Arnhold / Groeneveld, J. et al.: The impact of fragmentation and density regulation on forest succession in the Atlantic rain forest. In Ecol. Modell. 220, 2450-2459, 2009. Ribeiro, M. C. et al.: The Brazilian Atlantic Forest: How much is left, and how is the remaining forest distributed? Implications for conservation. In Biol. Conserv. 142, 1141-1153, 2009.

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